Gold in Medizin und Naturheilkunde

Geschrieben von

Sergiusz Glapa

Publiziert am

Chemische Elemente
kolloidales gold

Gold in der Medizin: Von der Antike bis zur modernen Krebstherapie

Gold fasziniert die Menschheit seit Jahrtausenden nicht nur als Schmuck und Wertanlage, sondern auch als Heilmittel (Nobili et al., 2012). Das “Metall des Lichts” (Aurum metallicum) hat sich von einem mystischen Heilmittel zu einem wissenschaftlich fundierten Werkzeug der modernen Medizin entwickelt. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen medizinischen Anwendungen des Goldes – von seinen historischen Wurzeln bis zu zukunftsweisenden Therapieansätzen.

Die Geschichte von Gold als Heilmittel

Antike und frühe Medizin

Die medizinische Verwendung von Gold reicht bis ins alte China um 2500 v. Chr. zurück. Die traditionelle chinesische Medizin setzte dieses chemische Element zur Heilung und Verjüngung ein (Von Bingen, 1150-1160). Im römischen Reich wurde seine Verwendung zu medizinischen Zwecken erstmals schriftlich dokumentiert.

Mittelalter und Renaissance

Im Mittelalter verwendete die bekannte Äbtissin Hildegard von Bingen Goldpulver zur Behandlung von Gicht. Sie mischte reines Flussgoldpulver unter Plätzchenteig – eine frühe Form der oral verabreichten Goldtherapie (Von Bingen, 1150-1160). Alchemisten entwickelten “aurum potabile” (trinkbares Gold) als Heilelixier.

Neuzeit bis 20. Jahrhundert

  • Im 17. Jahrhundert: Einsatz von Goldelixieren gegen Melancholie, Fieber und Epilepsie (Hahnemann, 1810).
  • Im 18. Jahrhundert: Samuel Hahnemann, Begründer der Homöopathie, empfahl dieses Übergangsmetall gegen Depressionen und Herzleiden (Hahnemann, 1810).
  • Im 19. Jahrhundert: Verwendung einer Mischung aus Goldchlorid und Natriumchlorid zur Syphilis-Behandlung (Thakor et al., 2011).
  • 1890er Jahre: Robert Koch entdeckt die antibakterielle Wirkung von Kaliumgoldcyanid gegen Tuberkulose (Karolinska Institut, 2023).
  • 1930er Jahre: Jacques Forestier etabliert die Goldtherapie zur Behandlung rheumatoider Arthritis (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie, 2023).

Moderne medizinische Anwendungen von Gold

Gold in der Rheumatologie

Die Behandlung rheumatischer Erkrankungen mit Goldverbindungen war bis in die 1980er Jahre eine Standardtherapie. Heute wird sie aufgrund möglicher Nebenwirkungen wie Leberschäden und Blutbildveränderungen seltener eingesetzt (American College of Rheumatology, 2024). Dennoch bleibt das Metall in etwa 10% der Rheumafälle eine wichtige Therapieoption.

Goldimplantate bei Gelenkbeschwerden

Eine innovative Anwendung ist die Goldimplantologie, die zunächst in der Tiermedizin erfolgreich war und 1996 vom dänischen Arzt Dr. Hans Kierkegaard für Menschen adaptiert wurde. Die Methode wird heute erfolgreich bei verschiedenen Gelenkbeschwerden eingesetzt:

  • Behandlung von Arthrose in verschiedenen Gelenken
  • Therapie von Wirbelsäulenverletzungen
  • Behandlung von Bandscheibenvorfällen
  • Migränebehandlung bei Halswirbelsäulenveränderungen

Gold in der Zahnmedizin

Das goldglänzende Metall ist seit über 2700 Jahren in der Zahnmedizin im Einsatz. Moderne Anwendungen umfassen:

  • Kronen und Brücken
  • Inlays und Onlays
  • Zahnersatz
  • Kieferorthopädische Geräte

Die Vorteile von Gold in der Zahnmedizin sind:

  • Hohe Biokompatibilität
  • Langlebigkeit
  • Korrosionsbeständigkeit
  • Ähnliche Härte wie natürlicher Zahnschmelz

Innovative Forschung und neue Therapieansätze

Goldnanopartikel in der Krebstherapie

Die moderne Forschung konzentriert sich besonders auf den Einsatz von Goldnanopartikeln (Dykman & Khlebtsov, 2012):

  • Gezielte Medikamentenabgabe an Krebszellen
  • Minimierung von Schäden an gesundem Gewebe
  • Verbesserung der Wirksamkeit bestehender Krebsmedikamente
  • Überwindung von Medikamentenresistenzen

Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen

Vielversprechende Forschungsansätze gibt es bei:

  • Parkinson
  • Multiple Sklerose
  • Alzheimer

Das Medikament CNM-Au8 mit Goldnanokristallen zeigt in klinischen Studien positive Effekte auf den Energiestoffwechsel von Nervenzellen (RMIT University Melbourne, 2024).

Moderne Goldmedikamente

Aktuelle Präparate und Entwicklungen:

  • Auranofin (Ridaura): Zur Behandlung von rheumatoider Arthritis und in der Erforschung gegen HIV
  • Gold-basierte Immuntherapien
  • Goldnanopartikel als Wirkstoffträger

Wirkungsweise von Gold im Körper

Die heilende Wirkung dieses Elementes basiert auf verschiedenen Mechanismen:

  1. Immunmodulation: Goldionen werden von Immunzellen aufgenommen und entfalten dort ihre therapeutische Wirkung
  2. Entzündungshemmung: Gold kann Entzündungsprozesse unterdrücken
  3. Stimulation der Genaktivität im Gewebe
  4. Blockierung entzündungsfördernder Proteine

Chemische Formen von Gold in der Medizin

Goldionen und ihre Verbindungen

Goldionen sind elektrisch geladene Goldatome, die in verschiedenen Verbindungen vorkommen. Die wichtigsten medizinischen Goldverbindungen sind:

  1. Goldthiomalat (Myocrisin®)
  • Anwendung: Klassische Basistherapie bei rheumatoider Arthritis
  • Verabreichung: Intramuskuläre Injektion
  • Häufige Nebenwirkungen:
  • Hautreaktionen (Rötungen, Juckreiz)
  • Schleimhautveränderungen
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Blutbildveränderungen
  1. Aurothioglucose (Solganal®)
  • Anwendung: Rheumatoide Arthritis
  • Verabreichung: Intramuskulär
  • Spezifische Nebenwirkungen:
  • Allergische Reaktionen
  • Proteinurie
  • Thrombozytopenie
  1. Auranofin (Ridaura®)
  • Anwendung: Mildere Form der Rheumabehandlung
  • Verabreichung: Oral
  • Nebenwirkungen meist weniger schwer:
  • Gastrointestinale Beschwerden
  • Leichte Hautreaktionen

Kolloidales Gold

Kolloidales Gold besteht aus mikroskopisch kleinen Goldpartikeln, die in einer Flüssigkeit schweben:

  • Partikelgröße: 1-100 Nanometer
  • Keine ionische Form, sondern metallische Nanopartikel
  • Geringere Reaktivität als Goldionen
  • Weniger Nebenwirkungen als ionische Goldverbindungen
  • Anwendungsgebiete:
  • Forschung in der Krebstherapie
  • Experimentelle Behandlung von Autoimmunerkrankungen
  • Bildgebende Diagnostik

Vorteile kolloidalen Goldes:

  • Bessere Verträglichkeit
  • Gezieltere Wirkstoffverteilung möglich
  • Stabilere Form als ionische Goldverbindungen

Goldnanopartikel

Eine spezielle Form kolloidalen Goldes sind gezielt hergestellte Goldnanopartikel:

  • Exakt definierte Größe und Form
  • Modifizierbare Oberfläche für spezifische Anwendungen
  • Einsatzgebiete:
  • Wirkstofftransport in der Krebstherapie
  • Photothermaltherapie
  • Diagnostische Bildgebung
  • Gezielte Zellzerstörung

Wirkungsweise von Gold im Körper

Die biologische Wirkung hängt von der chemischen Form des Goldes ab:

Ionische Goldverbindungen

  1. Immunmodulation:
  • Hemmung der T-Zell-Proliferation
  • Reduzierung der Antikörperproduktion
  • Beeinflussung der Zytokinfreisetzung
  1. Entzündungshemmung:
  • Blockierung des HMGB1-Proteins
  • Hemmung der Prostaglandin-Synthese
  • Reduzierung oxidativer Prozesse

Kolloidales Gold und Nanopartikel

  1. Physikalische Wirkungen:
  • Photothermaleffekte
  • Bildgebende Eigenschaften
  • Wirkstofftransport
  1. Biologische Effekte:
  • Geringere systemische Immunreaktion
  • Lokale Wirkstofffreisetzung
  • Zellspezifische Interaktionen

Kolloidales Gold in der alternativen Medizin


In der alternativen Medizin und Naturheilkunde wird kolloidales Gold in niedrigen Konzentrationen (meist 10 ppm – parts per million) eingesetzt. Dabei werden verschiedene positive Wirkungen beschrieben, die jedoch größtenteils noch wissenschaftlicher Validierung bedürfen:


Diskutierte Anwendungsgebiete:

Unterstützung kognitiver Funktionen
Einfluss auf Stimmung und psychisches Wohlbefinden
Unterstützung bei Entgiftungsprozessen
Einfluss auf den Hormonstoffwechsel

Wichtiger Hinweis: Die meisten dieser Wirkungen basieren auf Erfahrungsberichten und traditionellen Überlieferungen. Randomisierte klinische Studien, die diese Effekte eindeutig belegen, fehlen bislang weitgehend. Daher sollten entsprechende Produkte nicht als Ersatz für schulmedizinische Behandlungen verwendet werden.


Wissenschaftliche Bewertung


Die Forschung zu kolloidalem Gold konzentriert sich aktuell auf:

  • Biologische Verfügbarkeit verschiedener Konzentrationen
  • Mögliche Wechselwirkungen mit Körperzellen
  • Sicherheit bei längerfristiger Anwendung
  • Standardisierung der Herstellungsverfahren

Gesicherte Erkenntnisse gibt es bisher vor allem zu:

  • Antibakteriellen Eigenschaften
  • Potential als Wirkstoffträger in der Krebstherapie
  • Bildgebenden Eigenschaften in der Diagnostik

Nebenwirkungen und Risikomanagement

Risiken ionischer Goldverbindungen

  • Schwere allergische Reaktionen möglich
  • Regelmäßige Überwachung erforderlich:
  • Blutbild
  • Nierenfunktion
  • Leberwerte
  • Urinuntersuchungen

Sicherheit kolloidaler Systeme

  • Geringeres Nebenwirkungsprofil
  • Wichtige Faktoren:
  • Partikelgröße
  • Oberflächenmodifikation
  • Reinheit
  • Stabilität

Vorsichtsmaßnahmen

  • Ausführliche Anamnese vor Therapiebeginn
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen
  • Dosisanpassung bei Nebenwirkungen
  • Abbruchkriterien definieren

Ausblick und Zukunftsperspektiven

Die Forschung an medizinischen Goldanwendungen entwickelt sich stetig weiter. Besonders vielversprechend sind:

  • Neue Therapieansätze gegen Krebs
  • Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen
  • Entwicklung nebenwirkungsärmerer Medikamente
  • Kombinationstherapien mit anderen Wirkstoffen

Fazit

Gold hat sich von einem mystischen Heilmittel zu einem wissenschaftlich fundierten Therapeutikum entwickelt. Die Kombination aus jahrtausendealtem Erfahrungswissen und moderner Forschung eröffnet neue Perspektiven in der Medizin. Besonders die Entwicklung von Goldnanopartikeln und neuen Goldverbindungen verspricht innovative Therapieansätze für bisher schwer behandelbare Krankheiten (Nobili et al., 2012).

Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt keine ärztliche Beratung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Arzt oder Therapeuten.

Quellen und weiterführende Literatur

Wissenschaftliche Publikationen

  1. Nobili et al. (2012): “Gold compounds as anticancer agents: chemistry, cellular pharmacology, and preclinical studies.” Chemical Reviews, 112(11), 5681-5796.
  2. Dykman, L., & Khlebtsov, N. (2012): “Gold nanoparticles in biomedical applications: recent advances and perspectives.” Chemical Society Reviews, 41(6), 2256-2282.
  3. Thakor et al. (2011): “Gold nanoparticles: A revival in precious metal administration to patients.” Nano Letters, 11(10), 4029-4036.

Medizinische Fachgesellschaften

  1. Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (2023): “Leitlinie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten.”
  2. American College of Rheumatology (2024): “Guidelines for the Treatment of Rheumatoid Arthritis.”

Historische Quellen

  1. Von Bingen, Hildegard (1150-1160): “Physica” – Originalwerk zur Verwendung von Gold in der mittelalterlichen Medizin
  2. Hahnemann, Samuel (1810): “Organon der Heilkunst” – Grundlagenwerk zur homöopathischen Verwendung von Gold

Aktuelle Forschungsberichte

  1. Karolinska Institut Stockholm (2023): “Neue Erkenntnisse zur Wirkungsweise von Goldverbindungen bei Autoimmunerkrankungen”
  2. RMIT University Melbourne (2024): “Forschungsbericht: Gold-Nanopartikel in der Krebstherapie”

Behördliche Informationen

  1. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): “Zulassungsstatus goldhaltiger Arzneimittel in Deutschland”
  2. FDA (Food and Drug Administration): “Guidelines for Gold-containing Medical Products”

Hinweis zur Quellenverwendung: Die aufgeführten Quellen dienen der wissenschaftlichen Einordnung und weiteren Recherche. Da sich die medizinische Forschung ständig weiterentwickelt, empfehlen wir, sich über aktuelle Entwicklungen bei medizinischen Fachgesellschaften und qualifizierten Gesundheitsdienstleistern zu informieren.

Regelmäßige Aktualisierung

Dieser Artikel wird regelmäßig überprüft und aktualisiert, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen im Bereich der medizinischen Goldanwendungen zu berücksichtigen. Letzte Aktualisierung: Februar 2025

Rechtliche Hinweise

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an qualifizierte Ärzte oder medizinische Fachkräfte.

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